Mord auf der Insel Gokumo, Seishi Yokomizo, Band II Kosuke Kindaichi ermittelt

Es ist immer wieder faszinierend, wie sehr mich diese Kriminalreihe von Seishi Yokomizo an die Bestseller von Agatha Christie erinnert. Die Kriminalstory ist geschrieben im Stil der ehemaligen großen englischen Krimiautoren, gespickt mit japanischem Lokalkolorit und asiatischer Kultur. Der Privatermittler Kosuke Kindaichi ist mit seinem Stottern, wenn er nervös wird oder einer Frau gegenübertritt und der Angewohnheit sich beim Denken übermäßig am Kopf zu kratzen, eigentlich ein Antiheld. Ein furchtbar kluger Antiheld, aber war das Hercule Poirot nicht auch irgendwie? Diese Krimireihe macht einfach nur sehr, sehr viel Spaß. Sie führt mich in alte Zeiten zurück, in denen ich zum ersten Mal die Miss Marple Krimis verschlungen habe oder mich beim Hund von Baskerville gruselte.

Autorenfoto: ® Kadokawa

Seishi Yokomizo, 1902-1981, ist einer der berühmtesten und beliebtesten japanischen Autoren von Kriminalromanen. Er wurde in Kobe geboren und las als Junge unzählige Detektivgeschichten, bevor er selbst mit dem Schreiben begann. Allein seine Serie um Kosuke Kindaichi besteht aus 77 Büchern. »Die rätselhaften Honjin-Morde« ist der erste Band dieser Reihe und gewann sogleich den ersten Preis für Kriminalautoren Japans.

 

Übersetzerin: Ursula Gräfe hat Japanologie, Anglistik und Amerikanistik in Frankfurt am Main studiert. Seit 1989 arbeitet sie als Literaturübersetzerin aus dem Japanischen und Englischen und hat neben zahlreichen Werken Haruki Murakamis auch Sayaka Murata und Yukiko Motoya ins Deutsche übertragen.

Kosuke Kindaichi kommt aus einem verlorenen Krieg zurück. Die letzten Kriegsjahre verbrachte er mit einer kleinen Kompanie auf Neuguinea. Dort lernte er auch den jungen Chimata Kito kennen. Als endlich die Kapitulation erfolgt und die beiden Freunde gen Heimat reisen können, stirbt Chimata auf der Überfahrt. Auf dem Totenbett verspricht Kosuke die Heimatinsel seines Freundes aufzusuchen, um seine drei Schwestern und auch die Cousine zu retten. Denn sein toter Kamerad beschwört, dass sie sterben werden, wenn er nicht mehr am Leben ist. Nur langsam durchblickt Kosuke die Machtverhältnisse und die spezielle Dynamik der Inselbevölkerung. Als die Totenwache für seinen Freund gehalten werden soll, verschwindet die jüngste Schwester Hanako, nur um später ermordet in den Tempelanlagen Gokumons gefunden zu werden. Den ersten Mord konnte Kosuke nicht verhindern, hat er eine Chance die anderen drei Mädchen vor dem Schlimmsten zu bewahren? Und was hat das Ganze mit der Familienfehde zwischen der Stammfamilie Kito und der Kito Seitenlinie zu tun?

Mir hat der erste Band ein bisschen besser gefallen, als diese zweite Geschichte. Dies mag bestimmt mit dem, für uns westlich erzogenen Menschen, nicht ganz verständlichen Ehrbegriff zu tun haben. Ehre, Verehrung, Würde, Hochachtung und Stolz sind in Japan mit viel mehr Verpflichtung verbunden, vor allem in der damaligen Zeit, als wir es verstehen können. Daher muss man sich bei diesen Morden auf die asiatische Sichtweise einlassen, um die Logik dahinter zu verstehen. Dennoch ist es eine Freude und irgendwie auch echt retro, Kokuse Kindaichi bei seinen Ermittlungen zu begleiten. So beginnt für mich das Warten auf den nächsten Band. Nur gut, dass der Autor allein Kokuse 77 Mal ermitteln ließ.

Mord auf der Insel Gokumon, Seishi Yokomizo, Blumenbar Verlag, Hardcover mit Klappen, Seiten 336, ISBN: 978-3-351-05119-8, Euro 22,00, erschienen 15. 8. 2022.