Fran Littlewood: Die unglaubliche Grace Adams

Seitdem die ersten Autorinnen und Filmemacherinnen das tabuisierte Thema Menopause erfolgreich behandelt haben, ist der Damm gebrochen und der Weg zu einer Auseinandersetzung freigemacht. Das Thema ist – ich wage es zu sagen – heiß. So heiß, dass der Verlag HarperCollins letztes Jahr verkündete, sie würden proaktiv nach Geschichten suchen, die weibliche Erfahrungen reflektieren und Frauen in der Menopause als smarte, witzige, starke, emanzipierte Charaktere, die hocherhobenen Hauptes gehen und kämpfen, porträtieren. Und ja Grace, du bist ganz sicher eine Kämpferin, witzig, unvergesslich und ziemlich unglaublich, wie vermutlich auch deine geistige Mutter, Fran Littlewood, die mich mit ihrem Debütroman völlig überzeugt. Der Roman ist mit Rückblicken gespickt. Mit Rückblicken, die fortschreitend Graces Geschichte aufdecken. Alles beginnt 2002, dem Jahr in dem sich Grace und Ben im College kennenlernen – und dieses Kennenlernen ist ein besonderes Highlight – später heiraten und ihre Tochter Lotte bekommen. Weiter geht die Geschichte vor 4 Monaten. Nach einem Streit trennen sich Ben und Grace. Eine Auseinandersetzung zwischen Grace und Lotte führt dazu, dass Lotte zu ihrem Vater zieht. Den Höhepunkt erreicht die Geschichte an Lottes 16. Geburtstag. Und Grace ist nicht eingeladen! Dieser Tag ist großartig beschrieben, voller Drama und Emotionen, lässt den Leser aber optimistisch zurück. Die Menopause macht unserer Protagonistin zu schaffen und sie sinniert über den Alterungsprozess und darüber, dass sich ihr Leben deutlich abwärts bewegt. Was hier passiert ist nicht nur eine Midlife-Krise, es ist angesichts dessen, dass sich Grace und ihr Leben in nichts aufzulösen scheint, schwerwiegender. Die Autorin erzählt versiert und manche Formulierungen sind zum Genießen kreativ. Alle Charaktere sind außergewöhnlich gut herausgearbeitet, insbesondere Teenager Lotte, deren rebellischer Aufruhr greifbar ist. Littlewood thematisiert einerseits Mutterschaft, dysfunktionale Familie und individuelle Ängste. Die Familie der Protagonistin sieht sich mit großen Problemen konfrontiert und muss enorme Hindernisse überwinden. Die Autorin ist stark in der Mutter-Tochter-Dynamik und stellt geschickt das erbitterte Hin-und-Her zwischen Grace und der aufsässigen Lotte dar. Dabei geht es um die Sprache, die Grace und Ben zusammenbringt und um die Sprache von Lottes Generation, die anders und manchmal geheimniskrämerisch ist. Und nicht zuletzt geht um die Fähigkeit, die richtige Sprache, die richtigen Worte zur rechten Zeit zu finden.

Foto: Lucia Begg

Fran Littlewood hat am Royal Holloway College der University of London Creative Writing studiert und mit Auszeichnung bestanden. Zuvor war sie Journalistin und arbeitete u.a. für die Times. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Töchtern in London.

 

 

 

An diesem Tag hat sich alles gegen Grace Adams verschworen. Dabei ist ihr Leben ohnehin schon aus der Bahn geraten: Ihr Mann Ben und Teenie-Tochter Lotte haben sich eine andere Wohnung gesucht, und Grace ist zu Lottes 16. Geburtstag ausgeladen. Grace ist eine Frau mit vielen Talenten, sie geht locker mit den eigenen Macken um und hat die vielen Rollen einer modernen Frau eigentlich gut im Griff. Was ist bloß passiert?

Grace ist entschlossen, um ihre Familie zu kämpfen. Sie fährt zu Ben und Lotte, doch alles scheint sich ihr in den Weg zu stellen, es ist wie ein Hindernislauf. Grace Adams reicht es. Am heißesten Tag des Jahres ist sie entschlossen, allen und sich selbst zu beweisen, dass sie unglaublich ist.

Ullstein – Paperback – 368 Seiten – 16,99 € – ISBN 978-3-864-93208-3