Leonardo Padura: Wie Staub im Wind

Es ist meine erste Begegnung mit Leonardo Padura und über Kuba wusste ich auch nur das übliche: Castro, Zigarren, Rum und Rumba. Dieses Buch ändert das, denn die Geschichte des Autors zeigt ein sehr differenziertes, lebendiges Bild von Kuba und die Liebe des Autors zu seiner Heimat ist spürbar. Es ist fesselnd, wie die Geschichte die Gesellschaft und das Leben in Kuba in all seiner Komplexität widerspiegelt; von den verlorenen Illusionen, Widersprüchen, den Vor- und Nachteilen des Lebens auf der Insel erzählt und mit einer kritischen, etwas traurigen Haltung, aber auch Liebe für die Menschen und ihre Bestrebungen, begleitet. Dabei thematisiert Padura stets die kubanische Diaspora. In diesem Roman schildert er das Leben einer Gruppe von Freunden (des Clans) und wie sie, obwohl aus verschiedenen Gründen in alle Winde verstreut, den Kontakt zueinander halten und ihre Freundschaft pflegen. Die Beschreibungen der Szenarien in Madrid und Barcelona gefallen mir sehr gut und verdeutlichen seine Sympathie mit jenen die sich dazu entschlossen haben, die Insel zu verlassen, um ihr Glück anderswo zu finden. Und so folgt man ihnen in ihre Wahlheimaten und erfährt, dass das Exil wohl die wirtschaftliche Situation verbessern, eine größere Freiheit geben, aber nicht unbedingt ein glücklicheres Leben bringen kann. Wir lernen Elisa, Clara, Bernardo, Irving, Joel und Horacio kennen und wie und warum einige gehen und andere bleiben. Meisterhaft, wie Padura die einzelnen Charaktere fein ausarbeitet und sie uns besonders durch ihre große Verletzlichkeit ans Herz wachsen. Und dazu sehr passend der Titel: Wie Staub im Wind…

Foto: Ivan Gimenez

Leonardo Padura, geboren 1955 in Havanna, zählt zu den meistgelesenen kubanischen Autoren. Sein Werk umfasst Romane, Erzählbände, literaturwissenschaftliche Studien sowie Reportagen. International bekannt wurde er mit seinem Kriminalromanzyklus Das Havanna-Quartett. Im Jahr 2012 wurde ihm der kubanische Nationalpreis für Literatur zugesprochen, und im Juni 2015 erhielt er den spanischen Prinzessin-von-Asturien-Preis in der Sparte Literatur. Leonardo Padura lebt in Havanna.

 

 

Peter Kultzen, geboren 1962 in Hamburg, studierte Romanistik und Germanistik in München, Salamanca, Madrid und Berlin. Er lebt als freier Lektor und Übersetzer spanisch- und portugiesischsprachiger Literatur in Berlin.

Während in Berlin die Mauer fällt, kommt in Havanna das Leben zum Stillstand. Das Einzige, was alle im Übermaß besitzen, ist Zeit. Verbunden durch den Durst nach Leben findet sich eine verschworene Gemeinschaft zusammen, der »Clan«. In ihrer Mitte die kämpferische Elisa, Clara, ruhig und liebevoll, und Irving, mit seiner Fähigkeit zu uneingeschränkter Hingabe. Ein altes Haus, durchzogen von vielfarbigem Licht und dem Duft nach Kaffee und Rum, wird zum Zufluchtsort. Hier kommen sie alle zusammen, feiern, streiten, trinken, lesen, begehren.

Unionsverlag – gebunden – 528 Seiten – 26,00 € – ISBN 978-3-4232-2023-1