Hätte ich das kleingedruckte bzw. den Untertitel „Ein Familienroman…“ gelesen, hätte ich mich vermutlich nicht für den Roman von Hika Harada entschieden. Mir stand nicht der Sinn nach düsteren Familiengeheimnissen, die von der Enkel: in-Generation ans Licht gezerrt werden und die Übeltäter, da verstorben, nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden können. Und so freue ich mich, dass meine Neugier obsiegte, denn in Haradas Familiengeschichte geht es um das hier und heute und ein wenig um die Zukunft. Reicht mein Geld und kann ich es mir leisten? Eine zentrale Frage für die japanische Gesellschaft und zwar in jeder Lebensphase und die Autorin stellt eine der größten Ängste ihrer Landsleute in den Mittelpunkt ihres Romans, der mittlerweile als Serie für das Fernsehen verfilmt wurde. Anhand der Frauen der Familie Mikuriya beschreibt Harada die täglichen Anstrengungen, Überlegungen und auch Entsagungen, um die gesteckten Sparziele mit Hilfe des Kakeibos, eine Art Haushaltsbuch, erfunden in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, zu erreichen und stellt in jedem der 6 Kapitel ein anderes Familienmitglied, bzw. im letzten Kapitel ein potentielles neues Familienmitglied vor. Sprachlich und atmosphärisch entführt Harada die Leserschaft nicht in das „Land des Lächelns“ und hüllt sie nicht in „Kirschblüten-Romantik“. Sie begegnet ihr selbstbewusst, modern, mit einer anfangs irritierenden Nüchternheit. Bei dieser schwingt sehr viel gegenseitiger Respekt mit. Man spürt, das Vertrauen zwischen diesen Menschen wird nicht nur durch die familiären Bande getragen, sondern durch Wärme und Zuneigung, mit einem klaren Blick für das Wesentliche. Der Autorin gefallen ihre Figuren und ich mag sie auch! So Kotoko, die gewitzte, lebenskluge Matriarchin, die neben ihrer eigenen finanziellen Sicherheit immer auch das Wohlergehen ihrer Familie im Blick hat. 1000 Yen sind ca. 7 €. 3000 Yen sind in etwa der Preis für „3000 Yen fürs Glück“ und die Erkenntnis, dass Japaner und Deutsche kulturell und im Alltag viel mehr verbindet, als man meinen möchte. Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Foto: Takeshi Kita
Hika Harada wurde 1970 in der japanischen Präfektur Kanagawa geboren. Sie hat bereits mehrere sehr erfolgreiche Bücher veröffentlicht und wurde mit dem Subaru-Literaturpreis ausgezeichnet.
Was fange ich mit 3000 Yen an? Kaufe ich mir dafür eine Teekanne? Eine rosa Geldbörse? Oder lade ich meine Freundinnen zum Essen ein? Kotoko, die Matriarchin der Familie Mikuriya, ist überzeugt: Wie man diese eher kleine Summe ausgibt, sagt viel über die eigene Persönlichkeit aus. Und ihre Enkelin Miho stellt fest, dass da etwas dran sein muss … Vier Frauen im heutigen Japan, ihre Träume und Wünsche. Ob es die erste Liebe der jungen Miho ist oder die langjährige Ehe ihrer Mutter, die Sorgen der Großmutter um ihre Rente oder die Familienplanung von Mihos Schwester – sie alle machen sich Gedanken um ihre Zukunft und fragen sich: Beeinflusst Geld unsere Persönlichkeit? Wie weit können wir unser Schicksal bestimmen? Ist es je zu spät, von vorn anzufangen?
dtv – gebunden – 288 Seiten – 23,00 € – ISBN 978-3-423-28335-9