Elin Wägner: Die Sekretärinnen

Schweden scheint schon immer liberal und fortschrittlich gewesen zu sein, so dass es erstaunt, dass auch in diesem Land die Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts für ein selbstbestimmtes, wirtschaftlich unabhängiges Leben kämpfen mussten. Als »Die Sekretärinnen« 1908 erschien, gab es zwar schon das kommunale Wahlrecht für Frauen, aber erst 1921 sicherte ein Gesetz den Frauen das nationale Wahlrecht. Der Einblick, den uns die Autorin gewährt, hat in über 100 Jahren nichts an Aktualität verloren. Wie Frauen weltweit, mussten auch schwedische Frauen lernen, sich in der patriarchalischen Arbeitswelt zu behaupten. Und »me too«-Erfahrungen tauschte man allenfalls im geschützten Raum der eigenen vier Wände aus. Elin Wägner war eine dieser modernen Frauen, Pionierinnen und Wegbereiterinnen und daher überrascht auch die moderne Sprache mit einem Schuss Verspieltheit und Witz nicht. Inwieweit die neue Übersetzung dazu beigetragen hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Auf jeden Fall hat Wägner es verstanden, uns auf – nur – 176 Seiten ihre Protagonistinnen Elisabeth, Eva, Baby und Emmy samt deren jeweiliger Geschichte nahezubringen und den Sekretärinnen ein Denkmal zu setzen.

Göteborg-Posten Arkivfoto

Elin Wägner, geboren 1882 in Lund, war eine schwedische Autorin, Journalistin und Feministin, die sich unter anderem für das Frauenwahlrecht, für soziale Themen und die Umwelt engagierte und 1919 mit zu den Gründern von »Save the Children« gehörte. Ab 1944 war sie Mitglied der Schwedischen Akademie. Sie starb 1949 in Rösås. Ihr 1908 erschienener Roman »Die Sekretärinnen« war ihr Debüt und großer Durchbruch, er erschien vorab in Abschnitten in der Dagens Nyheter und wurde verfilmt.

 

Wibke Kuhn, geboren 1972, arbeitete nach dem Studium der Skandinavistik und Italianistik zunächst im Verlag. 2004 machte sie sich als Übersetzerin selbstständig und absolvierte noch ein zweites Magisterstudium (Neogräzistik, Finnougristik und Slawistik). Sie übersetzt englische, skandinavische, italienische und niederländische Romane und Sachbücher (u.a. Stieg Larsson, Jonas Jonasson, Hendrik Groen und Nell Leyshon) und lebt in München.

Stockholm, Anfang des 20. Jahrhunderts. Vier junge Frauen haben es sich in den Kopf gesetzt, eigenständig in der Großstadt zu leben, was zu dieser Zeit unerhört ist. Ihr Gehalt reicht kaum zum Überleben, sie teilen sich eine kleine Wohnung und leben an vielen Tagen von kaum mehr als trockenem Brot. Jeder Versuch, dieses Unrecht zu ändern, stößt auf Unverständnis, immer wieder wird ihnen nahegelegt, sich einfach einen Mann zu suchen und zu heiraten. Aber gemeinsam setzen die vier ihren Traum um.

Mit viel Witz und auch heute noch moderner Sprache wird vom Leben junger Frauen in der Großstadt erzählt, die sich auch durch Widerstände nicht einschüchtern lassen.

Ecco Verlag – gebunden – 176 Seiten –20 € – ISBN 978-3-753-00060-2