Natalie Livingstone ist akademisch an dieses umfassende Thema herangegangen: akribisch recherchiert und verständlich aufbereitet. Sprachlich und stilistisch bleibt Livingstone sachlich und macht klar: dies ist kein Roman. Davon zeugen schon die ca. 140 Seiten Danksagung, Personenregister, Namen und Begriffe sowie umfangreiche Quellenangaben. Dennoch ist es der Autorin gelungen, ein faszinierendes, zugängliches und fesselndes Buch vorzulegen. Livingstone holt die Rothschild-Frauen aus dem Schatten ihrer illustren Männer und wir lernen beeindruckende Frauen kennen. Um nur eine zu nennen: Gutle Rothschild, geborene Schnapper, aus Frankfurt am Main, heiratet Mayer Amschel Rothschild 1770. Sie ist die Ur-Mutter der Familie. Und sie denkt nicht nur über ihren Tellerrand hinweg – sie denkt international und schickt selbst noch ihren erwachsenen Söhnen Care-Pakete in deren neue Heimaten. Denn diese außergewöhnliche Geschichte führt uns von London in die USA, von Schottland nach Bletchley Park und von Buchenwald in den Vatikan nach Palästina. Die fünf Söhne begründeten die Dynastie und erwirtschafteten schon zu Lebezeiten ein Vermögen, welches allerdings entsprechend dem Testament von Mayer Amschel Rothschild nur an die männlichen Erben weitergegeben wurde. Den Töchtern war ein direktes Erbe nie vergönnt. Unabhängig davon hatten diese besonderen, intelligenten und talentierten Frauen Dank des Familienvermögens ungeahnte Möglichkeiten. Und einige der Frauen erreichten Großes trotz ihres Namens, nicht wegen ihres Namens. »Die Frauen der Rothschilds« ist kein feministisches Manifest, sondern ein Blick auf die interessanten und starken Frauen der Familie im 19. und 20. Jahrhundert. Und es ist sowohl gesellschaftspolitische Geschichte, als auch die Geschichte der Rothschild-Frauen.
Natalie Livingstone ist in London geboren und aufgewachsen. Sie schloss 1998 mit einem erstklassigen Abschluss in Geschichte am Christ’s College in Cambridge ab. Ihre Karriere als Feuilletonistin begann sie beim Daily Express. Heute schreibt sie für verschiedene Magazine, u. a. für US Vogue, Elle und The Times. Als Romanautorin hat sie sich in England bereits einen Namen gemacht. Natalie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in London.
Ihre Dinnerpartys waren legendär, sie haben Wahlkämpfe choreographiert, sich für soziale Reformen eingesetzt, an der Börse gehandelt und wissenschaftlich geforscht. Hinter den Kulissen hielten sie die Fäden in der Hand, aber in Erscheinung traten immer nur ihre Männer: die Frauen der mächtigen Rothschilds. Die Biographien dieser charismatischen Personen lässt die Historikerin Natalie Livingstone nun in ihrem Buch wieder aufleben. Beginnend mit Gutle Rotschild, der Mutter der Dynastie, beschreibt sie die faszinierenden Lebensgeschichten der bislang unterschätzen Seite der Familie. Entstanden ist nicht nur eine Würdigung, sondern ein völlig neuer Blick auf 200 Jahre europäischer Geschichte.
Quadriga – gebunden – 584 Seiten – 26,00 € – ISBN 978-3-86995-118-8