Pierre Lemaitre würzt die ohnehin an Katastrophen reiche Zwischenkriegszeit, in der er seine figuren- und handlungs-reiche Geschichte ansiedelt. Mit Intrigen, die er um das Erbe der im Mittelpunkt stehenden Bankiers-Familie Péricourt entspinnt und einem Rachefeldzug einer betrogenen Frau, als Antwort für die Neider, die auf das Verderben der Familie hinarbeiten. Er bestätigt erneut, dass er mit Ironie und immer wieder neuen Wendungen einfallsreich Spannung und intelligente Unterhaltung erzeugen kann und die Handlung durch Wechsel zwischen den Nebenhandlungen und Perspektiven flott und plausibel forciert, während im Hintergrund Börsenkrach, Korruption, Steuerbetrug, soziale Spannungen, Machtantritt faschistischer Regime die Weltpolitik bestimmen. Für den Titel hat Lemaitre eine Verszeile aus dem Gedicht „les lilas et les rose“ (1941) von Louis Aragon gewählt und dem Roman ein Zitat von Jakob Wassermann aus „Der Fall Mauritius“ vorangestellt: „Es gab, genau besehen, nicht Gute und Böse, Ehrliche und Schwindler, Lämmer und Wölfe, es gab nur Bestrafte und Unbestrafte, das war der ganze Unterschied.“ Lemaitres Charaktere sind lebendig und vielschichtig – namentlich Paul und Madeleine. Nicht alle Protagonisten sind charmant oder liebenswert, manche gar abstoßend. Aber auch bedingt dadurch, entsteht ein äußerst lesenswertes, aussagekräftigtes Sozialepos der 1930er Jahre in Frankreich, bei dem vor allem die Oberschicht nicht gut wegkommt.
Pierre Lemaitre, 1951 in Paris geboren, ist Autor mehrerer preisgekrönter Romane und Kriminalromane. Sein 2014 erschienenes Buch, »Wir sehen uns dort oben«, wurde mit dem wichtigsten französischen Literaturpreis, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet. Nun liegt sein neuer, hochgelobter Roman »Die Farben des Feuers« in deutscher Übersetzung vor.
Als der berühmte französische Bankier Marcel Péricourt im Jahr 1927 verstirbt, steht seine Tochter Madeleine, deren Exmann nach einem landesweiten Skandal im Gefängnis sitzt, plötzlich völlig allein an der Spitze eines Bankimperiums – in einer Epoche, in der es Frauen nicht einmal gestattet war, selbst einen Scheck zu unterschreiben. Während Gustave Joubert, der Prokurist der Bank, Charles Péricourt, Madeleines verschwenderischer Onkel, und André Delcourt, ihr Liebhaber mit dichterischen Ambitionen, um die junge Erbin und ihren Sohn schwirren wie Motten um das Licht, zeichnen sich am Horizont bereits die Vorboten des Zweiten Weltkriegs ab. Im Schatten von Börsenskandalen und politischen Wirrnissen arbeiten die Neider auf das Verderben der Familie hin. Doch für Madeleine ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen. Um ihres Sohnes willen beginnt sie ihren ganz persönlichen Rachefeldzug zu planen.
Klett-Cotta Verlag – Gebunden – 479 Seiten – €25,00 – ISBN 978-3-608-96338-0