Endlich ist der dritte Teil, Mission Blindgänger, vom Revier Kommando Abstellgleis erschienen. Für mich wieder die wahre Wucht, denn gerade in den aktuell problematischen Zeiten ist es herrlich, in solch ein Buch abzutauchen. Es darf laut gelacht, geschmunzelt, gekichert und sich durchweg amüsiert werden. Zwar spielt der Mord nur eine Nebenrolle in der Kriminalgeschichte am Set eines Films, doch das ist auch gar nicht wichtig. Denn der liebevolle Klamauk bei Aufklärung des Falls ist viel wichtiger. Wo beim zweiten Teil die Brigade um einen Hund und eine Ratte vergrößert wurde, stößt dieses Mal die sechzehn Monate alte Tochter von Kommissarin Anne Capestan mit zum Team der schrägen Vögel. Und die Kleine Joséphine passt wie angegossen, wenn sie die Bösewichte in ihrem Babywalker jagt.
Eine göttliche Komödie, die alles um sich vergessen lässt! Bravo Sophie Hénaff, und wenn es nach mir geht, bitte noch viele weitere Bände.
Fotocopyright: Astrid di Crollalanza
Sophie Hénaff ist Journalistin, deren humoristische Kolumne in der französischen Cosmopolitan eine riesige Fangemeinde hat. Kommando Abstellgleis ist ihr Krimidebüt, der Auftakt einer Serie um Kommissarin Anne Capestan und ihre Brigade der Ausrangierten. Das Buch war in Frankreich ein Bestseller und wurde in zahlreiche Länder verkauft.
Eigentlich ist Commissaire Anne Capestan noch im Mutterschutz, doch als eine ihrer Kolleginnen vom Kommando Abstellgleis unter Mordverdacht gerät, zögert sie nicht. Aber mit im Schlepptau sind ihr Baby, Windeln, Kekse und ein Laufstall, weil ihr Mann Paul immer noch seine Strafe absitzt.
Am Set der Verfilmung eines von Capitaine Eva Rosière Kriminalromanen geht es ruppig zu. Der Produzent ist ein Geizhals und Kokser, der Regisseur eine Pfeife, die von nichts eine Ahnung hat, der Tontechniker so gut wie taub und die Stars sind unmotiviert, gelangweilt und suchen nur einen Grund das Projekt verlassen zu können.
Doch als man an Evas Drehbuch rumschrauben will, wird die resolute Polizistin böse. Mit einer Mordswut im Bauch erzählt sie jedem der es nicht hören will, dass sie den Regisseur umbringen wird. Blöd nur, dass sie kurz darauf vor seiner Leiche steht und keinerlei Alibi hat. Im Gegenteil, sie hatte Motiv, Gelegenheit und leider auf die Möglichkeit. Nur ihr Team, in dem keiner an ihrer Unschuld zweifelt, kann den Fall aufklären. So ziehen die Verrückten des Reviers in der Rue Innocent, mit samt des Hundes, der Ratte und mittlerweile, dem ein bisschen sabbernden und an anderen Stellen undichten Baby Joséphine aus, um die Ehre ihrer Kollegin zu retten. Das die Polizisten dabei nicht nur einen Mordfall klären, ist vorprogrammiert. Sie springen auch kurz mal als Filmschauspieler ein, als die Stars das Set verlassen, wie die Mäuse das sinkende Schiffe.
Wieder ist jeder der schrägen Vögel im vollen Einsatz. Capitaine Merlot, der seinem Namen mit der literweisen Verkostung von Rotwein alle Ehre macht.
Lieutnant Josè Torrez, der Unglücksrabe, den Unfälle, Missgeschicke und von Balkonen fallende Blumentöpfe regelrecht verfolgen.
Commandant Louis-Baptiste Lebreton, der sportliche, gut aussehende und uferlos geniale Verhandlungsführer der Polizist, der aber vom anderen Ufer stammt und die homophobe Spezialabteilung deshalb verlassen musste.
Capitaine Eva Rosière, die steinreiche Kriminalautorin, deren Geschichten aber leider immer zu nahe an der Wirklichkeit liegen. Und damit machte sie die Führungsetagen der Pariser Polizei und Staatsanwaltschaft zur Persiflage und landete auf dem Revier Abstellgleis.
Blanche Èvrad, die keinem Pokerspielchen aus dem Wege gehen konnte und viel Erfolg damit hatte. Denn ihr Blick ist treu wie Gold und ihr ehrliches Gesicht kann kein Wässerchen trüben. Was ihr letztendlich Hausverbote in allen großen Kasinos einbrachte.
Capitaine Orsini, der eigentlich nur zur Polizei ging, um deren Peinlichkeiten besser an Journalisten verraten zu können.
Brigadier Lewitz, der leidenschaftliche Autoliebhaber, den man wegen Zerrstörung des Polizeifuhrparks abgeschoben hat.
Lieutenant Dax, dass Computergenie und ehemaliger Boxer. Mit platter Nase und zufriedenem Lächeln betrachtete er das Leben wie ein Seelöwe das Wasser, denn leider hat er einen Punch zu viel gegen das Gehirn bekommen.
Lieutenant Basile Diament, dem seine pechschwarze Haut bei den ehemaligen leider rassistischen Kollegen zum Verhängnis wurde.
Und natürlich Capitaine Henri Saint-Lo. Klein, hager, sportlich und ein verdammt kluger Kopf. Selbst beim Fechten olympiareif. Wenn man die Tatsache außer Acht lässt, dass er glaubt, 1593 geboren zu sein, Richelieu persönlich zu kennen und jedem einen Handschuh ins Gesicht klatscht, der ihm blöd kommt, dann wirkt er eigentlich ganz vernünftig.
Mission Blindgänger, Sophie Hénaff, C.Berteksmann, broschiert, Seiten 311, ISBN 978-3-570-10397-5, Euro 15,00 Euro.