Ironisch, lustig, typisch Schweiz! Ein Kriminalfall durchmixt mit historischen Begebenheiten, wie die Zeitungsausschnitte der Neuen Züricher Zeitung, dem SonntagsBlick und dem Tages-Anzeiger am Ende des Buches belegen.
Sommer 1983, obwohl der Kalte Krieg seine frostigste Zeit erlebt, herrscht ein Jahrhundertsommer. Der Asphalt schmilzt, die aufgeheizten Städte stöhnen bei über fünfunddreißig Grad und die Wälder sind knochentrocken. Kommissär Heiner Glut hat einen neuen Job auf der Polizeistation Spiegelhof in Basel. Doch noch bevor er anfängt, entfacht er einen Waldbrand mit seiner Zigarette, in dem er wahrscheinlich umgekommen wäre, wenn nicht der Grenzschutzbeamte Urs Zeller sich mit ihm in einen Bunker gerettet hätte. So beginnt sein Dienst mit einer Verwarnung, dem Spitznamen Brandstifter und seinem neuen Freund Urs vom Grenzschutz. Als dann auch noch der Mord an einem russischen Hellseher ins Büro flattert, ist die Laune total dahin. Denn wer kann bei der verfluchten Hitze schon ermitteln.
Total witzig, spannend und herrlich demaskierend, wenn es um Verschwörungstheorien geht. Denn selbst bei einem Mordfall an einem Russen in der Schweiz lässt unser Kommissär Politik einfach Politik sein und wählt lieber das Prinzip von Ockhams Rasiermesser: ›Von mehreren möglichen hinreichenden Erklärungen für ein und denselben Sachverhalt ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen.‹ Leider reagieren Bosse und Politiker auf solche Vereinfachungen immer angefasst, selbst wenn es fast vierzig Grad sind! Ein echtes Lesevergnügen!
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Lukas Holliger, geboren 1971, studierte zunächst Germanistik, Kunstwissenschaften und Geschichte in Basel. Ab 1995 widmete er sich dem Theater und gewann bereits mit seinen frühen Stücken mehrere Förderpreise. Es folgten Auftragswerke und Uraufführungen an renommierten Theatern in Deutschland und der Schweiz. Lukas Holligers Hörspiele werden regelmäßig in den Programmen von SRF, ARD und Deutschlandfunk ausgestrahlt. 2013 war er auf der Shortlist für den Hörspielpreis der Kriegsblinden, 2017 mit seinem ersten Roman Das kürzere Leben des Klaus Halm für den Schweizer Buchpreis nominiert. Seit 2006 arbeitet Holliger zudem als Satire-Redaktor bei SRF Kultur. Er lebt in Basel.
Na ja, denkt Kommissär Glut, als er den erschossenen russischen Hellseher Gromov sieht, macht schon den Eindruck einer Hinrichtung. Die Butlerin Jana Grether hat nichts gesehen, wie auch? Wann immer man sie antrifft, ist sie stockbesoffen. Jedoch weiß sie zu berichten, dass eine Menge Geld abhandengekommen ist. Für Gluts Kollege Tom Wüst, einem schweizer McCarthy, der allem roten Gesocks den Garaus machen will, ist der Fall klar: Eindeutig ist Gromov ein russischer Spion, der hingerichtet wurde! Spione sind überall! Glut nimmt es gelassen, bis er in den Notizen von Gromov eine Eintragung mit dem Namen Novosti findet. Ausgerechnet das kommunistische Pressebüro, das auf Intervention der Regierung geschlossen wurde und dessen Chef nach Moskau ausgewiesen wurde. Doch eine politische Verstrickung, eine Charade der Geheimdienste? Auch wenn plötzlich Ruth Gerhard, deren südafrikanischer Mann am Flughafen wegen Spionage verhaftet wurde, vor Gromovs Haus auftaucht, bleibt Glut skeptisch und mit beiden Beinen auf dem Boden. Er ist einfach kein Mann für konspirative Theorien.
Sein Instinkt führt ihn letztlich auf die richtige Spur, auch wenn ihn Wüst und dann auch noch die schöne Kollegin Jasmina eigennützig auf Glatteis führen wollen. Mit kühlem Kopf löst er den Fall und das bei der verfluchten Hitze.
1983, Verfluchte Hitze, Lukas Holliger, Rotpunkt Verlag, gebunden, Seiten 224, ISBN: 978-3-03973-017-9. Euro 26,00, erschienen am 20.03.2024.