Eine verwirrende Geschichte. Ein Mann wacht auf und stellt fest, dass er seine Mutter getötet hat. Oder doch nicht. Eine Reise ins Innere eines Menschen beginnt. Was ist war, was nicht? Wir lernen dabei ein bisschen was es heißt Koreaner zu sein. Welchen Einfluss kann eine Mutter, oder die Tante auf einen jungen Menschen nehmen. Zwölf ausgewählte Bücher gehen in diesem Jahr bei Books at Berlinale ins Rennen um die Aufmerksamkeit der geladenen Filmproduzent*innen. „The Good Son” (You-jeong Jeong, Republik), The Artists Partnership, Großbritannien ist eines davon.
Jeong Yu-jeong (geb. 1966) wird »Koreas Stephen King« genannt. Ihre psychologisch ausgefeilten Kriminalromane stehen regelmäßig an der Spitze der Bestsellerliste. Sie arbeitete als Krankenschwester und als Sachverständige der staatlichen Gesundheitsversicherung, bevor sie zu schreiben begann. Als Autorin trat sie an die Öffentlichkeit mit ihrem ersten Roman My Life’s Spring Camp. Für ihre Werke erhielt sie 2007 den Segye Youth Literary Award und 2009 den renommierten Segye Ilbo Literary Award.
Yu-jin ist der perfekte Schüler, der erfolgreiche Schwimmer, der gute Sohn. Doch eines Morgens ist alles anders. Er erwacht von einem metallischen Geruch. Seine Klamotten sind blutverschmiert, rote Fußspuren führen zu seinem Bett. Mit wachsendem Grauen folgt er ihnen ins Untergeschoss, wo er eine entsetzliche Entdeckung macht: Seine eigene Mutter liegt tot im Wohnzimmer, die Kehle sauber durchtrennt.
Seine Erinnerungen an den letzten Abend sind wie ausgelöscht. Im Wettlauf gegen die Zeit muss er die bruchstückhaften Bilder des gestrigen Abends zu einer Lösung zusammensetzen. Was ist geschehen? Und wieso scheinen alle Hinweise auf ihn selbst zu deuten?
In einem Interview führt Jeong Yu-jeong aus wie »Der gute Sohn« entstand:
Vor langer Zeit versetzte ein junger Mann aus einer wohlhabenden Familie ganz Korea in einen Schockzustand. Er ging für sein Studium in die USA und kam wegen seiner Spielsucht hoch verschuldet zurück. Als Reaktion auf die Vorwürfe seiner Eltern, er sei zu nichts nütze, erstach er seinen Vater und seine Mutter mit fast einhundert Messerstichen. Um seine Spuren zu verwischen, brannte er deren Haus nieder, in dem noch sein kleiner Neffe schlief. Den Safe seines Vaters schaffte er beiseite. Auf der Beerdigung seiner Eltern und seines Neffen scherzte er völlig unbekümmert mit seiner Freundin. Nach seiner Festnahme versuchte er sich unbeirrt mit Rechtfertigungen, Ausreden und Lügen aus der Verantwortung zu ziehen, sodass er den Zorn der Öffentlichkeit auf sich zog. Einen solch außergewöhnlichen Kriminellen hatte Korea noch nie erlebt.
Ich interessierte mich für sein wahres Gesicht. Was für ein Mensch ist zu einer solchen Tat fähig? Was verbarg sich hinter dem harmlosen Äußeren? Ein Wahnsinniger? Ein Teufel? Ein Biest? Was war der Auslöser für seine brutale Tat? Die äußeren Umstände? Sein Charakter? Ein einschneidendes Ereignis in seiner Kindheit? Der Druck einer auf Konkurrenz beruhenden Gesellschaft? Oder ist es ein grundlegendes Problem des Menschen an sich?
Jeong Yu-jeong: Der gute Sohn, Thriller, aus dem Koreanischen von Kyong-Hae Flügel, Broschiert 320 Seiten, ISBN 978-3-293-00541-9, € 19.00