Endlich der siebte Fall des Sonderdezernat Q, mit den uns liebgewonnen Carl Mørck, Assad, Rose und auch Gordon. Während Carl sich mit Möchtegern-Mördern rumschlägt, die sich in stoischer Regelmäßigkeit selbst anzeigen, tickt Rose, die gute Seele des Dezernats völlig aus. Sie ist seelisch am Ende, verkraftet ihre nie aufgearbeitete Kindheit nicht mehr und weist sich selbst in einer psychiatrischen Klinik ein. Doch damit nicht genug, sein alter Chef drängt ihn einen aktuellen Mordfall auf, der mit einem sehr alten Fall in Zusammenhang stehen soll. Und dann ist da noch die Chefetage, die ihm das Budget streichen will und ihm auch noch ein Team Fernsehreporter an die Hacken bindet. Wieder ein typischer Jussi-Thriller, der vor Menschlichkeit nur so strotzt. Fast urteilsfrei begegnet man den geschundenen Seelen in seinen Büchern. Als Leser beginnt man zu verstehen, dass es nur ein kleiner Schritt ist, dem Wahnsinn zu verfallen, wenn man vom Leben nur genug gequält wird.
Jussi Adler-Olsen wurde am 2. August 1950 unter dem bürgerlichen Namen Carl Valdemar Jussi Henry Adler-Olsen in Kopenhagen geboren. Er studierte Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Film. Bevor er 1995 mit dem Schreiben begann, arbeitete er in verschiedensten Berufen: als Redakteur für Magazine und Comics, als Koordinator der dänischen Friedensbewegung, war Verlagschef im Bonnier-Wochenblatt TV Guiden und Aufsichtsratsvorsitzender bei verschiedenen Energiekonzernen. Sein Hobby: Das Renovieren alter Häuser. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes.
Eine alte Frau wird in einem Kopenhagener Park erschlagen, es ist ein aktueller Fall und eigentlich nichts für das Sonderdezernat Q, das sich auf ungeklärte alte Verbrechen spezialisiert hat. Jedoch sieht Carls, bereits pensionierter Chef einen Zusammenhang mit einem Mord an einer jungen Lehrerin, der Jahrzehnte her ist. Mehr unwillig macht sich Carl an die Angelegenheit, vor allem, weil seine Partner Assad und auch Gordon nicht bei der Sache sind. Beide machen sich die größten Sorgen um Rose, die nach einem Streit mit Carl abtaucht und sich in eine psychiatrische Klinik einweisen lässt. Leider hat auch Carl zusätzliche Probleme, die Chefetage will ihm das Budget kürzen, wegen der geringen Rate von Aufklärungen, was der reine Hohn ist und sein Heim wird von Liebeskummer, aber auch von Hardys schlechter werdendem Gesundheitszustand erschüttert. Als dann noch ein scheinbar wahnsinniger Mörder eine junge Frau anfährt und eine Zweite mit einem Fahrzeug tötet, geht es bei der Polizei drunter und drüber. Ohne es zu wollen, ermitteln Carl, Assad und Gordon plötzlich nicht nur in den beiden Mordfällen im Park, sie versuchen auch herauszubekommen, was in Roses Kindheit passierte, um ihr zu helfen. Dann landet plötzlich noch das Fahrerfluchtverbrechen an ihrer Pinnwand und es ist mal wieder Assad zu verdanken, dass Carl langsam aber sicher eine rote Linie zwischen all diesen Fällen entdeckt. Trotz der Hektik, die ausbricht, lösen Carl und Assad die Verbindung zwischen den Fällen auf, und wie die Kamele mit den großen Füßen, zertreten sie dabei die Giftschlangen aus der Chefetage und überlisten das Fernsehteam, das man ihnen an die Fersen gebunden hat.
Jussi Adler-Olsen ist ein Thrillerautor, der Menschlichkeit und Verständnis in den Vordergrund hebt. Selbst wenn es in diesem Teil des Sonderdezernats Q, recht untypisch vor Leichen nur so wimmelt, bleiben die zerstörten Seelen der Täter nicht unberücksichtigt. Ohne den moralischen Finger zu erheben, beschreibt er Menschen, die durch das falsche Umfeld, Quälereien und ohne Zukunftsperspektiven in einem maroden Gesellschaftssystem zerbrechen können. Zu Mördern werden, bei dem man als Leser erschreckend feststellt, dass ihre Schritte im Dunklen unserer eigenen Seelen fast nachvollziehbar werden. Großartige Thriller-Unterhaltung, kritische Gesellschafts-Studie und vor allem eine geschickte psychologische Betrachtung von Menschen, die einfach unter Druck durchdrehten.
Selfies, Teil sieben der Sonderdezernat Q Fälle, Jussi Adler-Olson, gebunden Ausgabe, Seiten 576, Dtv Verlag, ISBN 978-3-423-28107-2, Euro 23,00.
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