Eine literarische Fiktion und ein historischer Roman. Eine Biografie der 1930er Jahre von Anaïs Nin, während sie ihre Affäre mit Henry Miller in Paris hatte. Charlotte von Feyerabend entführt den Leser mit Leichtigkeit in das Paris der dreißiger Jahre und zeichnet mit wortgewaltigen, oft leisen Tönen eine lodernde Liebesbeziehung, einen regelrechten Rausch zwischen den beiden Literaten Nin und Miller. Beide leben dabei nicht nur ihre sexuelle Ekstase und Lust aus, als gäbe es keine gesellschaftlichen Konventionen. Sie sind gleichzeitig auf der Suche nach Worten für diese Leidenschaft, die eingefangen und niedergeschrieben werden muss. Und das ist beiden Schriftstellern auch gelungen: Miller mit dem damals aufsehenerregenden Roman ›Wendekreis des Krebses‹ und Anaïs Nin mit ihren Tagebüchern ›Henry, June und ich‹, welche erst viel später veröffentlicht wurden. Wer mehr Einsichten in die Personen Nin oder Miller erwartet, ist mit ›Liebesrausch‹ fehl am Platz. Darum geht es auch nicht, es soll eine Zeitspanne der beiden Literaten aufzeigen, die durch einen fast zerstörerischen erotischen Rausch geprägt war. Und diese Zeitspanne hat die Autorin wunderbar eingefangen und unterhaltend niedergeschrieben.
Wer weder Anaïs Nin noch Henry Miller kennt, bekommt mit diesem Roman vielleicht Lust, diese beiden extremen Schriftsteller und Lebenskünstler näher kennenzulernen.
Charlotte von Feyerabend absolvierte eine Hotelfachausbildung und widmete sich anschließend dem Studium der Literaturwissenschaft, Medienpädagogik und Texttechnologie. Es folgten Tätigkeiten in verschiedenen Verlagen. Sechs Jahre lebte sie in Oslo, arbeitete als Erzieherin und veröffentlichte dort ihr erstes Buch und ihr erstes Spiel. Im Anschluss lebte sie fünf Jahre in Berlin, wo sie mit dem Goethe-Institut Oslo an Projekten mit deutschsprachigen Schulklassen arbeitete und als Schreibdozentin an einer Berliner Schreibschule tätig war. Danach zog sie für zwei Jahre nach Schweden und lebt aktuell bei Bielefeld. 2019 wurde sie als Autorin zum Tysk-Norsk Litteraturfestival in Oslo eingeladen. Ihre Bücher konnten sich schon mit #1-Kindle-Bestseller und ein #1-BILD-Bestseller schmücken und als Mitglied bei den Delias war sie bereits zweimal in der Jury für den DELIA-Jugendliteraturpreis tätig. Sie hat drei Kinder, eine norwegische Waldkatze und sonst nur Flausen im Kopf.
Anaïs Nin war eine Frau, die ihrer Zeit definitiv voraus war. Sie lebte bis zu ihrem Tod ein unkonventionelles Leben mit verschiedenen Liebhabern und Liebhaberinnen, blieb aber immer mit ihrem Ehemann Hugo verheiratet. Er wollte die Scheidung nie und finanzierte sie und in Paris auch Henry Miller. Diese Ehe, die in ihren Anfangszeiten stand, als Anaïs ihre Affäre mit Miller begann, blieb bestehen. Dafür musste sie jedoch den Spagat zwischen ausufernden Ekstasen und einer konservativen Moralvorstellung als Ehefrau hinbekommen. Während Miller, genau wie große Künstler à la Picasso, völlig ausschweifend lebte und die Lebenslust und oft auch Frauen genoss und diese dann auf der Strecke blieben, trugen die Frauen wesentlich mehr Verantwortung. Dennoch brach Anaïs aus Konventionen aus und die wilde Affäre mit Miller legte wohl den Grundstein für ihr weiteres Leben. Definitiv ist sie eine Vorreiterin der sexuellen Befreiung der Frau, fühlte sich zu Männern und Frauen gleichermaßen hingezogen und hatte viele Liebschaften. Als junge Frau mit älteren Männern und als ältere Frau mit jüngeren Männern.
Was Anaïs wirklich in ihrem Leben gesucht hat und sie deshalb einen solchen Lebensstil wählte, wird wahrscheinlich nur sie gewusst haben. Manches konnte auch nicht nur erfüllend gewesen sein, denn aus einem Rausch, selbst einem Liebesrausch, erwacht man meist mit Kopfschmerzen und Ernüchterung.
Der Roman ist auf jeden Fall gut geschrieben. Er ist gut recherchiert und mir gefällt Frau von Feyerabends Stil sehr. Daher ist der Roman ›Liebesrausch‹ ein Leseabenteuer und eine literarische Affäre wert.
Liebesrausch, Charlotte von Feyerabend, Droemer HC, Klappenbroschur, Seiten 336, ISBN 978-3-426-28286-1, Euro 19,00, erschienen am 01.09.2025.