Alle Artikel von Stephan Schwammel

Dror Mishani: Vertrauen

Der vorliegende Krimi führt uns direkt in das Seelenleben eines israelischen Kriminalbeamten. Unzufrieden mit seiner persönlichen beruflichen Situation beschäftigt er sich mit einem zunächst banal erscheinenden Verschwinden eines Touristen. Sein Bauchgefühl das im krassen Gegensatz zu den Anweisungen seines Vorgesetzten steht ermittelt er weiter. Als Vorgesetzter einer Mitarbeiterin hat der Kontakt zu einem Fall von Kindsmord der sich dann aber mit seinem anderen Fall überschneidet und deren Lösung auch in Paris liegt. Bei den handelnden Personen springt der Ball „Vertrauen“ verschiedentlich hin und her. Es scheint so, dass nur dann Vertrauen aufgebaut wird wenn die Menschen der gleichen gesellschaftlichen Schicht untereinander kommunizieren. Bei Obrigkeiten kann und wird in diesem Kriminalroman kein Vertrauen entwickelt werden. Ein gefühlsdichter Roman. Weiterlesen

Sabine Hofmann: Toten Winter, Historischer Kriminalroman

Authentizität, selbst erlebt oder auch von Erzählern übermittelt, machen Bücher bei der Leserschaft besonders eingängig. Das vorliegende Buch ist dafür ein Paradebeispiel. Der Kriminalfall spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Der sogenannte „Totenwinter“ 1947 im Ruhrgebiet spielt die Hauptrolle,in der es für die Menschen um das blanke Überleben ging. In dieser Nachkriegszeit kam praktisch alles zum Stillstand. Wie festgefroren waren Menschen und das wirtschaftliche Leben. Es war geprägt von der Beschaffung von Nahrung und Heizmaterial. Schwarzmarkt und Kohleklau waren angesagt und ging durch die gesamte Gesellschaft. Wir, die nach Kriegsgeneration, können dies aus schwacher eigener Erinnerung nachvollziehen. Das Buch macht uns aber bewusst wie es ist in einer solchen Situation zu sein. Dabei gehen meine Gedanken zu den Menschen im Winter, der jetzt in der Ukraine herrscht. Der Kriminalfall dreht sich um Schwarzmarktgeschäfte und um Regelungen der Produktionsmittel in der Stahlwirtschaft. Ein Buch, das unter die Haut geht. Weiterlesen

Tom Lin: Die tausend Verbrechen des Ming Tsu

Ein Western Roman der in jeder Hinsicht etwas Besonderes ist. In der Regel sind in Western Romanen die Helden gradlinige rechtschaffene Menschen die ihre Colts schneller ziehen können als andere. Im Roman kann dies der Held auch, aber es erscheint dass er eine besondere Lust am Töten hat. Der Held ist asiatischer Abstammung und rächt seine Artgenossen die beim Bau der Eisenbahn verheizt werden. Auf seiner Reise durch den Westen trifft er auf die verschiedensten Menschen mit denen er zum Teil hochphilosophische Dialog geführt. Auch die Landschaften die der Held mit einer Schausteller Truppe durchquert sind nicht derart weichgespült wie man es sonst in Western lesen kann. Ungewöhnlich aber bestens unterhaltende Literatur. Weiterlesen

Anja Marschall: Der Henker von Hamburg

In einer weltoffenen Stadt wie Hamburg ging es doch sehr provinziell zu, wenn es sich um das Geschlechterverhältnis ging. Gesellschaftlichen Klassen waren strikt getrennt und das Verhältnis zwischen Männern und Frauen beruhte darauf, dass die Männer zur Arbeit gingen und die Frauen sich an die 3K, Kinder, Küche, Kirche zu halten hatten. Da verwundert es nicht, wenn selbstständige Frauen aus diesem System ausbrechen oder versuchen dieses zu umgehen. Die Frau des Kommissar Hauke Sötjes kommt über eine gefeierte Sängerin in die höheren Kreise der Hansestadt und auch mit den Geheimnissen dieser Frau in Kontakt. Neben der spannenden Handlung sind besonders gesellschaftlichen Unterschiede bemerkenswert gut beschrieben. Weiterlesen

Lappan Verlag: Beste Bilder 13, die Cartoons des Jahres 2022

Wenn der Band Beste Bilder vom Lappan Verlag erscheint, dann ist das Jahr vorbei. Anhand der ca. 250 Cartoons die dann in diesem Band abgebildet sind,kann man die Ereignisse des Jahres nachvollziehen. Hierbei stellt sich die Frage, echt jetzt, und die Welt dreht sich noch immer? Die besten Cartoons eines jeden Jahres erscheinen jedes Jahr im Oktober im Band „Beste Bilder“. Die besten drei davon werden mit dem Deutschen Cartoonpreis, der von der Frankfurter Buchmesse und dem Lappan Verlag verliehen wird, ausgezeichnet. Beste Bilder ist der etwas andere Jahresrückblick mit den witzigsten, interessantesten, hintersinnigsten und besten Cartoons des Jahres in limitierter Auflage.

Der gemeinsam von der Frankfurter Buchmesse und dem Lappan Verlag vergebene Deutsche Cartoonpreis 2022 geht an Oli Hilbring. Den zweiten Platz belegt Dorthe Landschulz, den dritten Platz erhält Silvan WegmannJandré erhält den erstmalig mit Unterstützung der Stadt Kassel ausgelobten Publikumspreis der Ausstellung „Beste Bilder – die Cartoons des Jahres 2022.

Lappan Verlag: Beste Bilder 13, die Cartoons des Jahres 2022 ISBN 978-3 8303- 3642- 6, 176 Seiten, Größe 195 mm, x 240 mm, € 12,-

Lea Stein: Altes Leid

Es ist erstaunlich, mit welchen Umständen bis vor kurzem noch Frauen zu kämpfen hatten, um zu überleben. Nicht nur dass sie 1947 gefroren und gehungert haben, nein, sie wurden auch durch männliche Gewalt und Ignoranz verletzt, getötet und missachtet. Dies hat die Autorin Lea Stein mit drastischen Bilder aus dem zerstörten Hamburg und Umgebung geschildert. Kein Stein auf dem anderen, die Menschen Haus in Löchern und Bunkern versuchten mit Hamsterkäufen und Schwarzmarktgeschäften über die Runden zu kommen. Dabei wurden sie neben übergriffigen Gangstern auch durch die Polizeibehörden gestört, die versucht haben, dem Schwarzmarkt die Mittel zu entziehen. Die Autorin erzählt aber auch eine Geschichte von Serientätern die notleidenden Frauen sexuell bedrängt haben. Ein Roman der den Lebenswillen von Menschen höchst anschaulich schildert. Weiterlesen

Olaf R. Dahlmann: Der Fall Brinkowsky

Wenn ein Rechtsanwalt etwas zu erzählen hat, dann taucht man in eine Welt ein, in der es feste Regeln gibt die zu beachten sind. Die Geschichte die der Autor uns erzählt, umfasst mehrere Rechtsgebiete und bewegt sich in einer Grauzone, in der mehrere Akteure (Geheimdienste) ihre Finger im Spiel haben. Es geht um autonome Kriegswaffen an denen mehrere Staaten interessiert sind, aber deren Ausfuhr aber strengen Regeln gebunden sind. Aber da wo Gewinne zu machen sind, da ist die Gier groß. Da wird auch auf Menschenleben keine Rücksicht genommen. In der Geschichte werden die einzelnen Positionen der handelnden Personen so beleuchtet, wie sie in der realen Welt einem Rechtsanwalt zur Kenntnis gelangen. Am Anfang des Romans ist die Sprache etwas spröde. Dies ist aber dem Umstand geschuldet, Handlungen genau abzubilden. Weiterlesen

Volker Klüpfel, Michael Kobr: Die Unverbesserlichen – Der große Coup des Monsieur Lipaire (Die Unverbesserlichen 1)

Das Allgäuer Autoren Duo Klüpfel u. Kobr hat es mit seinem neuesten Krimiprojekt an die Côte d’Azur verschlagen. In einer kleinen Küstenstadt, Port Grimaud, die aus der Retorte entworfen wurde hat sich der gescheiterte Apotheker als Hauskeeper verdingt. Er zieht seine kleinen Geschäfte mithilfe eines Wasser Taxifahrers durch und kommt einem scheinbar großen Geschäft auf die Schliche. Aber dieser Coup kann nur gestemmt werden wenn er die Hilfe anderer, zugegebenermaßen schräge und skurrile Typen annimmt. Gegenspieler zu diesem großen Coup ist eine reiche und alteingesessene Familie, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen will. Das en Passant eine Leiche aufgefunden wird und das die Leserschaft über diesen großen Schatz im Dunkeln gehalten wird macht diesen Krimi bis zur letzten Seite spannend. Das Autorenduo versteht es immer wieder die skurrilen und kauzigen Seiten der Protagonisten herauszuarbeiten um auch in den nächsten geplanten Büchern die Leserschaft zu erhalten. Weiterlesen

Uta Seeburg: das wahre Motiv; Historischer Kriminalroman

Es ist nun der zweite Band der Reihe um den von Preußen nach Bayern ausgeliehenen Major Wilhelm Freiherr von Gryszinski. Diesmal beleuchtet der Roman intensiv die Künstlerszene der bayerischen Hauptstadt im Jahre 1895. Es ist ein Kulturschock für den braven Preußen was die Münchner Künstler und die sich dafür halten veranstalten. Die Kunstszene in Schwabing ist selbst den eingeborenen Münchnern suspekt. Nun treibt ein Serienmörder in dieser Kunstszene sein Unwesen. Wäre das nicht schon genug, so will die Ehefrau des braven Ermittlers ein Buch veröffentlichen. Dazu braucht sie die Genehmigung ihres Herrn Gemahl. Wunderschön sind die Szenen in denen die bajuwarische Esskultur geschildert wird. Hier läuft beim Leser unwillkürlich das Wasser im Mund zusammen. Man riecht förmlich wenn die Haushälterin den Bräter eröffnet und der Braten durch die Küche wabert in der in solchen Momenten der brave Herr Major in der Nähe ist. Weiterlesen

NIKOLE HANNAH-JONES (HRSG.): 1619, EINE NEUE GESCHICHTE DER USA

1619 von

Es ist erstaunlich das eine Nation, die unterschiedliche Menschenrassen als Einwohner bezeichnet es aber nicht fertig bringt, diese in die Geschichte der Nation einzubinden. Dies versucht dieses Werk für die Schwarzen Amerikas. Dabei kommen die verschiedensten Autor*Innen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen zu Wort, um den Begriff der Sklaverei, in den vielfältigsten Ausformungen, auf zu zeigen. Dabei kann es zu nicht chronologischen Reihenfolgen kommen. Für die Herausgeberin des Werks sind bei der Schaffung dieses aufwendigen Werkes erstaunliche Ergebnisse zustande gekommen. Das Werk hat den renommierten Pulitzer Preis gewonnen und wird wohl auch neueren Unterrichtsstoff für Amerikanische Geschichte bilden. Weiterlesen